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Traditionen bei der Volksmarine: Es gab bei der Volksmarine nicht viele Rituale und Traditionen, die auch von den Obersten Befehlshabern unterstützt wurden. Einige wurden zwar geduldet, aber wenn man erwischt wurde, gab es auch saftige Strafen dafür. Dazu gehörte das tragen eines Bandmaßes, welches die letzten 150 Tage vor der Entlassung getragen wurde. Hatte man jemanden damit erwischt, gab es z.B. Urlaubs- u. Landgangssperre und das Bandmaß wurde eingezogen. Es gab nicht nur die "Seetaufe" sondern auch eine "Hafentaufe" die streng verboten war und keine Unterstützung bei den Offizieren fand. Es wurden auch sehr harte Strafen dafür erteilt, wenn man dabei erwischt wurde.
Hafentaufe: Diese Art der Taufe eines Seemannes bei der Marine der DDR, war grundsätzlich verboten. Der Matrose der neu an Bord gekommen war, wurde bei erst bester Gelegenheit, von den Leuten die schon länger an Bord waren, in das Hafenbecken geworfen. Dies wurde meist bei den ersten Sonnenstrahlen und etwas angenehmen Temperaturen ohne Vorankündigung von den Matrosen vorgenommen. Verboten war diese Art von Taufe, weil das Hafenbecken sehr verschmutzt und ständig Schiffe in Bewegung waren. Wenn man reingeworfen wurde konnte es passieren das man neben einem (Kupferbolzen) Exkrement wieder auftauchte, da ja alle WCs` auf den Schiffen sofort ohne geklärt zu werden nach Außenbord gingen. Also nicht gerade schön eine Hafentaufe, ich habe sie selbst mit machen müssen und die Erfahrung gemacht im Hafenbecken zu schwimmen.
Seetaufe: Diese Art der Taufe wurde von unserem Kommandanten unterstütz und auch bei der erst besten Gelegenheit auf der offenen Ostsee durchgeführt, es wurden auch Bilder gemacht, was ja eigentlich streng verboten war, diese wurden auch erst vom Flottillenstab frei gegeben. Deshalb ist dieser Bericht von einer Seetaufe mit Bildern, auch erst möglich geworden. Um eine Seetaufe ausführen zu können, waren vorher viele Aufgaben zu erfüllen und auf die Matrosen und Unteroffiziere zu verteilen. Das Schiff selbst musste am besten zu einer Übung auf der Offenen Ostsee ausgelaufen gewesen sein. Nach einer Übung, wurde auf Bereitschaftsstufe zwei gegangen, somit war der Weg frei in der Freizeit eine solche Taufe durch zu führen. Dazu wurden im Maschinenbereich die Hauptantriebsmotoren von den Schiffswellen getrennt die Luftreifenkupplung wurde ausgekuppelt. Die Schiffswellen wiederum durch anziehen der Wellenbremse arretiert. Natürlich musste das Schiff vor Anker liegen und eine ruhige Ostsee war Voraussetzung dafür.
Ich möchte an Hand von einigen Bildern den Ablauf einer Seetaufe darstellen. Dabei werde ich auch versuchen, so gut wie möglich jede einzelne Aufgabe, die der zu Taufende hatte zu erklären. Ich selbst hatte die Aufgabe den "Neptun" dar zu stellen und die Aufgabe das Ritual zu kontrollieren. Durch die Gehilfen die mir zur Seite standen, wurde das Ganze unterstützt und durchgeführt.
Bild links: Nach dem alle Vorbereitungen abgeschlossen waren, wurde das Schiff vom Kommandanten, symbolisch an den Neptun übergeben, hier auf dem Bild gut zu erkennen, die Schlüsselübergabe und das dazu gehörige Symbolische Schriftstück. Bild rechts: Als nächstes wurden die zu taufenden Seemänner in einer Reihe, auf das Achterdeck des Schiffes gebracht.
Bild links: Diese mussten während des ganzen Taufvorgangs auf der "Minenschiene" kniehend verbringen und wurden dabei mit kaltem Seewasser, welches von der Feuerlöschpumpe über ein C- Rohr, den Kameraden verabreicht wurde. Wer hier als erster dran kam, hatte Glück und konnte sich die Schwielen an den Knien und die Kälte des Seewassers ersparen. Bild rechts: Als erster war unser Smutje Ulf v. Z. an der Reihe, er war damals für das Wohl der Besatzung verantwortlich, er musste mit einem Pfänder in die Nock des Schiffes klettern und in alle vier Himmelsrichtungen laut schreien: "Ich will ein guter Seemann sein", aber so laut das man es auf dem Achterdeck und am Bug hören konnte!
Bild links: Zweite Aufgabe war, kriechen auf dem Steuerbord Seitengang, bis zur Ankerkette. Diese war an einer Stelle mit Wälzlagerfett und Mehl eingestrichen. Hier musste mit Lust und Freude hinein gebissen werden, alle Aufgaben wurden durch die Gehilfen streng Kontrolliert. Leider wurde vom Biss in die Ankerkette kein Bild gemacht. Bild rechts: Der Neptun kontrolliert, die zu erfüllenden Aufgaben der Täuflinge und gibt Anweisungen an die Gehilfen.
Bild links: Wieder auf dem Achterdeck angekommen musste ein Pfänder geküsst werden, dieser war mit Fett, Salz, Zucker, Pfeffer, Mehl, Zimt usw. eingeschmiert worden. Sollte der zu Taufende nicht willig, sein wurde auch gerne etwas nach geholfen. Bild rechts: Nach dem küssen erfolgt die Rasur, hier beim einpinseln mit Schaum
Bild links: Hier wird Ulf mit einem selbst angefertigten Rasiermesser aus Holz rasiert, sehr unangenehm das Ganze. Hier gut zu sehen, dass man die Leute dabei festhalten muss. Bild rechts: Ulf hier nach der Rasur, er war froh das er das hinter sich gebracht hatte. Was danach kam war aber noch viel schlimmer als die Rasur. Essen und Trinken war die nächste Aufgabe.
Bild links: Aber vorher noch zwei Bilder mit unserem Signalmaat Peter O., sein Spitzname an Bord war "Orli", der hier rasiert wird. Im Hintergrund die warten die Täuflinge auf der Minenschiene. Bild rechts: Orli ist völlig fertig, aber das Beste kommt nach der Rasur.
Bild links: Auf diesem Bild kann man sehen, dass es etwas zu trinken aus einer Kelle gereicht wird, diese Flüssigkeit ist eine selbst hergestellte Mixtur aus allem was die Kombüse des Schiffes her gibt. Bild rechts: Nach dem Essen wurde der zu taufende, in das auf dem Achterdeck bereitgestellte Schlauchboot gebracht, gefüllt war. Hier erfolgte nun eine gründliche Reinigung des Körpers, mit Schrubber und Bürste wurde jeder bearbeitet und vom Schmutz befreit.
Diese Flüssigkeit besteht aus folgenden Zutaten: Wasser, Kaffe (versch. Sorten), Tee (alle Sorten), Milch (alle trinkbaren Flüssigkeiten) Essig und Speiseöl, dazu kommen noch alle Gewürze: Zucker, Salz, Pfeffer, Paprika, Majoran, usw. Ein nicht gerade wohlschmeckendes Getränk, welches hier unter Zwang verabreicht wurde, es musste mindestens ein Schluck aus der Kelle getrunken werden. Nach dem Getränk gab es noch etwas zur Stärkung zu essen, natürlich wieder mit allem was die Bordküche hergab. Es handelte sich um einen selber gebackenen runden Keks, der in der Mitte mit einer Kirsche garniert war. Dieser schmeckte alles andere als gut und war Knochen hart.
Bild links: die Bearbeitung mit Schrubber im Schlauchboot kann sehr schmerzhaft sein, vor allem nach der Taufe sind diese Stellen am Körper gut zu sehen Bild rechts: Nach der Reinigung im Schlauchboot, erfolgte der Wurf vom Achterdeck in die Offene Ostsee.
Bild links: Zurück zum Schiff musste man selber schwimmen, schnell wurde man durch eine starke Strömung vom Schiff abgetrieben. Zur Not wurde den entkräfteten Seemännern ein Rettungsring zu geworfen, der an einer Leine befestigt war so konnte er wieder an das Schiff gezogen werden, um so über eine Jakobsleiter zurück an Bord klettern. Bild rechts: Nach diesen Aufgaben war dann alles überstanden und es gab die begehrte Urkunde vom Neptun: "Bestandene Prüfung einer Seetaufe"
Hier sind alle noch mal zu sehen, die das Ganze organisiert und durchgeführt haben. Wir waren alle geschafft vom taufen der Kameraden und unsere neuen Seemänner hatten die Prozedur auch bestens überstanden. Alles ist ordentlich abgelaufen, alle haben sich freiwillig dieser Prozedur unterzogen, keiner wurde verletzt oder kam dadurch zu Schaden, was die Hauptsache bei einer solchen Veranstaltung gewesen war.
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