Peenewerft in Wolgast


                                                                        Peene- Werft in Wolgast

Ein Teil meiner Dienstzeit spielt in der Peenewerft in Wolgast. Unser Schiff wurde durch einen Unfall so stark

beschädigt, dass es in einer Werft repariert werden musste. Ich kann mich heute nicht mehr genau an das

Datum und die Uhrzeit erinnern und wie lange wir damals in der Werft waren, aber diese Zeit ist mir besonders

in guter Erinnerung geblieben. Es waren vielleicht die besten Tage, die ich überhaupt während meiner

Dienstzeit hatte. Ich glaube es hatte damals fast ein Monat gedauert, bis das Schiff wieder seetauglich war.

Nun möchte ich aber erst einmal mit ein par Daten und Bildern die Peenewerft vorstellen. An dieser Stelle sei

auch gesagt, dass ich nur einen kleinen Streifzug durch die Vergangenheit der Werft machen möchte.

                 

                                    Straße zur Peene- Werft                                              kleiner PKW- Parkplatz vor der Peene- Werft

                                                                                           

                                                  

                                              Chronik der  Peene- Werft Wolgast

20. Juni 1948      Gründungstag der Peene - Werft Wolgast gemäß Befehl Nr. 103 der Sowjetischen 

                               Militäradministration

02. Juni 1949      Übergabe des ersten fertiggestellten Seiners als Reparationsleistung für die sowjetischen

                               Behörden

 Herbst 1954       Fertigstellung des Schiffshebewerkes

    März 1955       Stapellauf des Kümos 500

01.April 1955      Baubeginn des ersten Minenleg- und räumschiffes  vom Typ " Krake "

  06.Juli 1957      Stapellauf des ersten 760-t-Kümos  "Nordstern " zur 700- Jahr- Feier der Stadt Wolgast

   18. 11.1957       Inbetriebnahme der Schiffbauhalle 3

    21.11.1964       Stapellauf des ersten Zubringertrawlers einer 25 Schiffe umfassenden Serie

   1968 - 1972       Bau einer Serie von Minensuch- und räumschiffen (89.100 für die Volksmarine)

   1971 - 1972       Rekonstruktion der Halle 1 für die Abteilung Schiffreparatur

   1972 - 1976       Projektierung, Konstruktion und Bau von Seeimerketten- Schwimmbaggern für die

                               Sowjetunion

          ab 1974      Bau mehrerer Serien für die Volksmarine ( Torpedoschnellboote, Landungsschiffe,

                               UAW - Schiffe, schwimmende Stützpunkte, Patrouillenboote )

 01. Juni 1990     Peene - Werft wird in eine GmbH umgewandelt

 01. Juni 1992     Privatisierung der Peene - Werft Wolgast durch die Bremer Hegemann - Gruppe

                                                         

20. Sept. 1995   Einweihung der neuen Kompaktwerft nach nur 18 Monaten Bauzeit bei laufender Produktion

                             im Beisein von Ministerpräsident Dr. Berndt Seite

                                                                     

27. Febr. 1998   Grundsteinlegung für das neue Marine - Center der Peene- Werft durch Bundesverteidigungs-

                             minister Volker Rühe

                                                                   

                               02. Juli 1998      50 Jahre Peene - Werft und Einweihung des neuen Marine - Centers        

                                                          

                                 Die Bilder und Daten wurden mir freundlicherweise von der Peene - Werft Wolgast,

                                                                 über Herrn Peter Lange zur Verfügung gestellt.

                                                              

                                     

                                                        Der Standort Wolgast

Für die Wahl des Standortes Wolgast, war damals die günstige Lage zwischen der Ostsee und den Binnen

wasserstraßen Ausschlag gebend. Das vorhandene Arbeitskräftepotential der ehemaligen

Heeresversuchsanstalt Peenemünde, sowie den nahegelegenen ehemaligen Flugzeugwerken von Heinkel

und Arado. Diese Werke lieferten die ersten Ausrüstungsgegenstände. Die Werft wurde im Laufe der Jahre

ständig weiter ausgebaut und modernisiert, auch der weit abgelegene und gut abgeschirmte Standort, machte

die Werft zur "Hauswerft " der DDR - Marine und später der sogenannten Volksmarine. Die Chronik und die

Daten sollen genügen, um einen kleinen Einblick zu bekommen, was die Peene - Werft zu DDR - Zeiten für

eine Rolle gespielt hat.

                                                                                   

             Hier ein Bild der  " OSTSEELAND " in der Werft zur jährlichen Wartung und Instandsetzung. Dieses Schiff  ist vom Kiel

          bis zum Oberdeck ein MSR- lang, nur die Aufbauten wurden hier verändert. Zum Einsatz kam dieses Schiff nur für die

          Regierung und hohen Offiziere der ehemaligen DDR. Da aber der damalige Staatsratsvorsitzende Erich Honecker kein

          Seemann war und er sich nicht gerne auf diesem Schiff aufgehalten hat, wurde es nur sehr wenig genutzt und wenn

          dann nur von hohen Offizieren.

                                             

                        Was war passiert und aus welchem Grund musste die "Gransee "

                                  in die Werft ?

Es war an einem Sonntag 1979, so gegen 15.00 Uhr, alle an Bord hatten Freizeit, Urlaub oder waren zum

Landgang von Bord gegangen. Ich war gerade dabei meinen Sonntagskaffee in der Mannschaftsmesse zu

trinken, plötzlich gab es einen Schlag, der das ganze Schiff zum Erschüttern brachte. Meine Tasse mit dem

Kaffee flog von der Back (Tisch) und ich wurde nach hinten von der Sitzbank gedrückt. Als ich realisiert hatte,

was geschehen war, lief ich nach hinten auf das Achterdeck. Hier konnte ich sehen, wie der Bug eines

U- Jagdschiffes in unserem Heck steckte.

                                                                                  Der Unfallhergang

Ein U - Jäger vom Typ " Hai " Projekt  "12.4 M", kam von einem Seetörn zurück in den Hafen von

Peenemünde. Beim Anlegen an die Abteilung der 1. U - Jagdabteilung versagte die PDF - Anlage des Schiffes.

Dieses hatte zur Folge, dass sich die Drehzahl des Motors und der Verstellpropeller nicht mehr regeln ließen.

Da das Schiff aber noch Fahrt hatte, brachte auch ein "Notstopp" der Maschinen nicht den gewünschten

Erfolg. Das Schiff fuhr mit ungeminderter Geschwindigkeit in unser Heck, wir waren so zu sagen die Bremse

des U- Jägers. Durch den Aufprall riss unser Heck bis ca. 10 cm vor der Wasserlinie auf. Wie sagt man so

schön, Glück im Unglück gehabt. Wäre der Riss weiter bis unterhalb der Wasserlinie gegangen, hätte man

einen Wassereinbruch im Notruderraum nicht verhindern können.

                                                        die Folgen des Aufpralls

 Als sich die ganze Sache etwas beruhigt hatte, war auch unser Kommandant und der Diensthabende der

Abteilung zur Stelle. Natürlich kamen nun alle die Rang und Namen hatten, um zu sehen was passiert war.

Das Schiff wurde nun für nicht mehr seetauglich erklärt (EKZ 5) und vom Einsatzplan gestrichen. Für unsere

Besatzung bedeutete das jede Menge Arbeit. Es wurde beschlossen das Schiff abzurüsten, um das Gewicht

zu verringern und mit eigener Kraft in die Peene- Werft zu überführen. Am Montag der folgenden Woche, ging

es dann auch gleich los.

                                                                        das Abrüsten des Schiffes

Das hieß für uns, alles was an Munition an Bord war, aus den Munitionslasten mit einem Seil an Deck bringen.

Die Kisten wurden dann auf einen "Multicar" verladen und nahe des Hafens in einem Munitionsbunker

eingelagert. Mit dieser Aktion wurde das Schiff um einige Tonnen leichter. Dadurch kam das ganze Schiff um

ca. 20 - 30 cm aus dem Wasser.

                                                       Überfahrt nach Wolgast in die Werft

Nun konnten wir mit eigener Kraft in die Werft nach Wolgast fahren. Dort wurden die notwendigen

Reparaturen im Wasser liegend durchgeführt. Diese Arbeiten wurden von den Arbeitern der Werft ausgeführt.

Leider hatte ich keineGelegenheit, Bilder vom Schaden am Schiff zu machen. Erst später machte ich von

einigen Schiffen Bilder, die damals streng Verboten waren und hart bestraft wurden. Es konnte auch als

Spionage ausgelegt werden.

                   

           Bild links: Hier ein Bild eines Torpedoschnellbootes vom Typ TS- Boot Projekt "206"  (Shershen), welches zur Reparatur

               in der Werft lag. Im Hintergrund kann man die Ausfahrt aus der Werft in Richtung Peenemünde erkennen.

           Bild rechts: Dieses Bild zeigt einen Schlepper, der hier in der Werft im Dock einen neuen Unterwasserschutzanstrich

     bekommt.

                                                

                  Hier zwei Bilder, welches die Entwicklung eines neuen Räumgerätes auf dem Achterdeck eines MSR- Schiffes zeigt. 

               An dem quer stehendem Balken im Hintergrund sollten die Tragseile und Räumgeräte angebracht werden.

                                                

                                                          Unsere Aufgaben während der Werftliegezeit

Unsere Besatzung bekam nun teilweise andere Aufgaben und Arbeiten, wie zum Beispiel Streifendienst im

Ort Wolgast (Militärstreife). Weitere Aufgaben waren die Wartung und Instandsetzung des Schiffes, wobei

jeder in seinem Bereich oder Abteilung eine Aufgabe bekam. Unsere Hauptaufgabe war die Entfernung von

Rost auf dem ganzen Schiff. Viele wurden auch in einen vorgezogenen Urlaub geschickt.

                                  

                     Bild links: und so sah es aus, als die dicke Farbe vom Eisen abgeschlagen wurde.

                Bild rechts: Beim Streifengang mit einem Offizier an diesem Tag mit Harald F. (II WO) und einem Unteroffizier

             Fahrmaat Ralf P., hier die "Bahnhof- Straße" in Wolgast zur Werft.

                                              

                       Bild links: Dieses Bild wurde in Wolgast während Streifendienstes gemacht, auf der "Bahnhof- Straße" zu Werft, 

                      das bin ich, bewaffnet mit "Kalaschnikow" und am linken Arm die Streifenbinde.

                  Bild rechts: Auch so etwas gab es in der ehemaligen DDR, ein völlig zerstörtes Busswartehäuschen, aufgenommen

                                       während des Streifendienstes.

                                

            Bild links: das Bushäuschen ist heute verschwunden der Blick zur Peene- Werft ist frei.

         Bild rechts: Dieses Bild zeigt die Gaststätte " Vierjahreszeiten " in Wolgast, sie befand sich damals gegenüber des

      Haupttores der Werft! Das Bild hat heute einen historischen Wert, das Gebäude wurde abgerissen. Wir waren 

      damals während unseres Streifendienstes, in einem kleinem Raum über der Gaststätte zum Abendessen. 

                                               

                Bild links: der Treppenaufgang zur Gaststätte, hier mein Kamerad Ralf P.

            Bild rechts: die Straßengeländer kann man noch erkennen, den Rest des schönen Gebäudes hat man abgerissen

           ein kleines Stück vom Treppenaufgang kann man hinter dem Geländer noch erkennen 

                                                                

                                                    Schade, wir haben uns damals sehr gern in dieser Gaststätte aufgehalten!

Ein Einwohner aus Wolgast schrieb mir am 03.08.2005 in mein Gästebuch, folgende Information zum Abriss

der Gaststätte und des Saales: Der Tanzsaal (früher auf der rechten Seite) wurde auf Grund eines Brandes,

der bis heute noch nicht aufgeklärt ist abgerissen. Die Ursache, ob es sich damals um Brandstiftung oder

Fahrlässigkeit gehandelt hat, konnte bis heute noch nicht geklärt oder festgestellt werden. Die Gaststätte

(die sich auf der linken Seite befand) stand damals leer, es konnte kein Pächter oder Investor für das marode

Bauwerk gefunden werden, so dass es gleich mit abgerissen wurde.                          

                                         Schiff nach der Reparatur

Nach dem die Arbeiter der Werft, die Reparaturen am Heck ausgeführt hatten, wurden die Teile von unseren

Leuten neu gestrichen. Damit ging unsere Werftliegezeit dem Ende entgegen. Nach einer ausgiebigen

Probefahrt, wurde das Schiff wieder mit Munition aufgerüstet und war ab sofort wieder im Einsatz bzw.

Gefechts- und seeklar.

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